Warum darf man Sterbende nicht beim Namen rufen?
Die deutsche Sprache ist sehr reich an Sprichwörtern, die oftmals übersetzt zum Beispiel gar keinen Sinn ergeben. Wenn man sie jedoch gekonnt einsetzen kann, zeigt das ein tiefes Verständnis für die Sprache und besonders jene, die eine andere Muttersprache haben, heben ihr deutsches Sprachverständnis auf ein anderes Level. Interessant ist es deshalb, die Hintergründe für verschiedene Sprichwörter und Floskeln zu erfahren und zu erkennen, woher diese kommen und was ihr genauer Sinn ist.
Im folgenden Artikel wird auf das Spricht Wort “Man soll Sterbende nicht beim Namen nennen” eingegangen und woher diese Floskel stammt. Des Weiteren wird ein Blick auf andere Kulturen geworfen, um zu schauen, ob es hier Äquivalente gibt. Oftmals lassen sich Sprichwörter nämlich nicht 1:1 übersetzen, sondern es gibt andere Floskeln mit der gleichen oder einer ähnlichen Bedeutung.
Wann benutzt man dieses Sprichwort?
Benutzt wird dieses Sprichwort oftmals im Zusammenhang mit dem Tod oder wenn man über eine verstorbene Person spricht. Wie Sie im späteren Verlauf des Artikels erkennen werden, verbirgt sich dahinter ein alter Aberglaube, dass das Nennen der Toten einen negativen Effekt hat und Risiken mit sich bringt. Wenn also jemand verstorben ist und eine andere, lebende Person den Namen ausspricht, kann dieses Sprichwort eine Reaktion darauf sein.
Auch im Fall dessen, dass man sich miteinander unterhält und eine Person erwähnt, dass es sich für “magische” Praktiken interessiert wie z.B. Ouija oder andere vermeintliche Kontaktaufnahmen zu Toten, kann ebenfalls dieses Sprichwort verwendet werden. Damit möchte man die Person auf die Risiken aufmerksam machen, damit diese nicht leichtsinnig den Kontakt zu der Totenwelt herstellen.
Das Sprichwort muss im Übrigen nicht zwangsläufig verwendet werden, wenn es sich um eine verstorbene Person handelt, die man kannte. Im Allgemeinen wird das Sprichwort genutzt, wenn Kontakt zu der Totenwelt aufgenommen werden soll.
Allgemein sollte man bezüglich der Gegenwart jedoch erwähnen, dass es eine der Floskeln ist, die manchmal aus dem Affekt heraus benutzt werden und nicht weil die Personen wirklich daran glauben. Im Zusammenhang mit der Religion ist es gut möglich, dass die Anhänger dieses Sprichwort ernst nehmen, aber viele fühlen sich der Religion deutlich weniger verbunden und benutzen es nur, weil es eines der Sprichwörter ist, die seit langem genutzt werden.
Woher stammt dieses Sprichwort?
Das Sprichwort geht bereits bis ins Frühe Mittelalter zurück. Hier wurde es meist in einem religiösen Zusammenhang verwendet. Die große Mehrheit der Menschen damals war religiös und glaubte an eine Reise in den Himmel nach dem Tod. Durch das Rufen des Names befürchtete man zwei Dinge: Einmal, dass die Reise des Toten in den Himmel unterbrochen wird und dieser nicht seinen Frieden finden kann. Zweitens befürchtete man das Öffnen eines Tores zu einer anderen Welt, in dessen Folge man nicht nur positive Erlebnisse haben würde. Zwar war die Welt der Toten für viele Menschen, der Ort, an dem ihre Liebsten blieben, jedoch hausten hier auch andere Kreaturen, denen man als Lebender (und auch als Toter) lieber nicht begegnen sollte.
Warum darf man Sterbende denn nicht beim Namen rufen?
Wie bereits erwähnt, hängt dies in erster Linie mit einem religiösen Glauben zusammen.
Man soll die Sterbenden nicht durch das Rufen des Namens von ihrer Reise ins Jenseits ablenken und außerdem soll der Schleier zwischen der Totenwelt und der Welt der Lebenden nicht zerrissen werden, da dies negative Folgen mit sich ziehen könnte.
Ähnlichkeiten in anderen Kulturen & Mythologien
Eine Kultur, in der sich diese Praxis ebenfalls finden lässt, ist die der Apachen, einem Stamm unter den Ureinwohnern Amerikas. Diese glauben ebenfalls daran, dass man den Namen eines Toten oder Sterbenden nicht rufen sollte, da dieser von seiner Reise ins Jenseits abgehalten worden würde. Man würde ihm die Reise ins ewige Leben also erschweren, was nicht das Interesse von liebenden Angehörigen sein sollte.